Heute befasst sich die Bibliothek besonders mit den Werken von Fürstabt Martin II. Gerbert. Es ist gelungen den eigenen Bestand und den Bestand an Leihgaben, die inzwischen von den Leihgebern der Bibliothek geschenkt wurden, durch einige – ausschließlich aus Spenden finanzierte – Neuerwerbungen weiter zu komplettieren, u.a. durch das vollständige Standartwerk über die Kirchenmusik De cantu et musica sacra a prima ecclesiae aetate usque ad praesens tempus in zwei Bänden und das wichtige Werk über die Geschichte der Liturgie Vetus Liturgia alemannica, disquisitionibus praeviis, notis et observationibus illustrata ebenfalls in zwei Bänden sowie die von Gerbert neu aufgelegten Taphographia principum Austriae ... und Pinacotheca principium Austriae… einschließlich des bereits 1750 in Wien erschienenen ersten Bandes der Monumenta principium Austriae… und nach jahrelanger Suche auch der sehr seltenen Nummotheca Principum Austriae ...

Um Angebote dieser in der Regel selten auf den Markt kommenden Bücher zu finden, sind Recherchen auch im europäischen Ausland und bis in die USA erforderlich. Dort wurde eine Neuerwerbung, die Demonstratio verae religionis veraeque ecclesiae contra quasvis falsas, aus der Bibliothek eines aufgelösten Priesterseminars in Ohio gefunden. 

Nachdem die Freunde der Klosterbibliothek eine hervorragende Faksimileausgabe der 1784 erschienen Scriptores ecclesiastici de musica sacra potissimum erworben hatten mit außerordentlich interessanten Randbemerkungen des Vorbesitzers, eines renommierten Musikwissenschaftlers, zusammen mit dem Clavis Gerberti von Prof. M. Bernhard, erhielt der Verein völlig überraschend im November 2005 bei einer Auktion in New York den Zuschlag für eine Originalausgabe dieses wichtigen musikhistorischen und musiktheoretischen Werkes von Fürstabt Gerbert. Sie verfügt damit über sämtliche musikhistorischen und historischen Werke Gerberts im Original.

Im März 2015 ist es uns gelungen, einen mit Datum 20.12 1771 eigenhändig von Fürstabt Gerbert an Frater Ringius geschriebenen Brief zu erwerben, in dem Gerbert auf seine Bemühungen eingeht, die durch den Brand vernichtete Klosterbibliothek wieder aufzubauen (Abbildungen und lateinischen Text siehe hier).

Eine Aufstellung der von Fürstabt Gerbert verfassten bzw. von ihm herausgegebenen Werke einschließlich einer Liste von Veröffentlichungen und Büchern, die im Zusammenhang mit seinem Leben und Wirken stehen, finden Sie auf der Seite

Informationen über Neuanschaffungen für die Fürstabt-Gerbert-Sammlung finden Sie hier!

Eine Kurzfassung des Lebenslaufs dieses überaus interessanten Mannes finden sie mit einem Klick weiter unten.

Hier finden Sie einen interessanten Artikel von Christoph Schmieder mit dem Titel "Fürstabt Martin Gerbert von St. Blasien - Kirchenfürst, Gelehrter, Musiker" mit einem Klick.

Bildnis von Fürstabt Martin II. Gerbert im Refektorium des ehemaligen Benediktinerpriorats Oberried

 

Martin (Taufnamen: Franciscus Dominicus Bernardus) Gerbert von Hornau wurde am 11. August 1720 (getauft am 12.8.1720) in Horb am Neckar als Sohn eines Kaufmanns geboren.

Nach Besuch der Jesuitenschulen in Freiburg/Breisgau und in Klingnau (Kt. Aargau) wurde Gerbert 1736 Novize bei den Benediktinern in St. Blasien, legte 1737 seine Profess ab und empfing nach philosophisch-theologischen Studien 1744 die Priesterweihe. Fürstabt Meinrad Troger ernannte ihn 1755 zum Bibliothekar und bald auch zum Professor der Philosophie und Theologie. Seine wissenschaftliche und literarische Tätigkeit galt in der theologischen Epoche von 1750-59 der Reform des theologischen Studienbetriebs und der Ausarbeitung der methodologischen Einführungsschriften wie einer Gesamtdarstellung der Theologie in einer Anzahl von Lehrbüchern. Auf ausgedehnten Studienreisen 1759-63 durch Deutschland, Italien und Frankreich sammelte er ein riesiges Quellenmaterial für seine liturgiegeschichtlichen und musikgeschichtlichen Arbeiten.  

1764 wurde Gerbert zum 46. Abt von St. Blasien gewählt. Unter seiner Leitung erfuhr das Kloster in seiner jahrhundertealten Geschichte eine letzte Spätblüte. Gerbert gehört zu den landesgeschichtlich bedeutendsten Persönlichkeiten im südwestdeutschen oberrheinischen Raum. Als Abt blieb er den Wissenschaften treu, ohne im geringsten die Aufgaben der Verwaltung und Regierung der umfangreichen Klosterherrschaft zu vernachlässigen. Er war ein erfolgreicher Verwaltungsmann, ein vorzüglicher Diplomat und ein gewissenhafter Seelsorger. 1774 schloss Gerbert seine Arbeiten über die Geschichte der Kirchenmusik ab, ein Werk, das für die Kenntnis der mittelalterlichen Musik grundlegend ist. Seine liturgiegeschichtlichen Forschungen haben nahezu gleiche Bedeutung. Obwohl er ein treuer österreichischer Reichsvasall war und in guten Beziehungen zu Österreich stand, protestierte Gerbert im Namen der breisgauischen Äbte bei Maria Theresia und nach ihrem Tod 1780 bei Joseph II. und Leopold II. gegen die kirchenpolitischen Gesetze der Wiener Regierung, da diese die Klöster in ihrer Existenz bedrohten. 1768 fiel das Kloster mit der Kirche einem verheerenden Brand zum Opfer. Nach fünf Vierteljahren stand das neue Kloster. Die Kirche ließ Gerbert in klassizistischem Stil völlig neu errichten als einen Rundtempel nach dem Vorbild des römischen Pantheons und weihte den Neubau 1783 ein.

Für die Bevölkerung der dem Kloster unterstehenden Grafschaft Bonndorf reformierte der Fürstabt das Schulwesen, gründete 1765 die „Waisenkasse Bonndorf“, Vorläuferin der Sparkasse Bonndorf-Stühlingen, die damit die zweitälteste Sparkasse in Deutschland ist. 1778 erwarb er für das Kloster das Eisenwerk Albbruck. Im Jahr 1791 gründete er die Rothaus-Brauerei – heute „Badische Staatsbrauerei Rothaus“ – als Maßnahme zur Förderung der Wirtschaft in seinem Schwarzwälder Herrschaftsgebiet.

Den Beginn der Französischen Revolution erlebte er noch, deren Folgen - die Auflösung des Klosters - musste er nicht mehr erleben.

Am 13. Mai 1793 verstarb Fürstabt Martin II. Gerbert im Alter von 73 Jahren in St. Blasien. Er wurde im Dom zu St. Blasien bestattet.

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